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Ein Blick hinter die Kulissen

Das Circular Best Practice Schwalbe


Blobanner Schwalbe

In diesem Blogbeitrag lesen Sie, wie wichtig Kooperationsbereitschaft und die wertschätzende Einbindung von Stakeholdern für die Etablierung des zirkulären Geschäftsmodells von Schwalbe war bzw. ist.


Aus unserer online-Befragung hat sich ergeben, dass das Interesse an Case Studies von Best Practice Unternehmen und Kreislaufwirtschaft- Tools unter unseren Follower:innen am höchsten ist. Die Reihe “Blick hinter die Kulissen” ist dazu gedacht, Sie zu Kreislaufwirtschaft zu inspirieren und zu motivieren, indem Pionier-Unternehmen wie Schwalbe vor den Vorhang geholt werden und deren Geschichten, Learnings und Erfolge kompakt erzählt werden. Falls wir Ihr Interesse geweckt haben, melden Sie sich gerne für einen Thinkubator Workshop oder das nächste Haufe Seminar an, hier besprechen wir die Best Practices und deren Geschäftsmodelle im Detail. 


Vielen Dank Herr Timmerbeil für das Gespräch und die Einblicke!


Vertrauen in die Kreislaufwirtschaft

Schwalbe zeigt mit seinem Recycling-System für Fahrrad-Altschläuche, wie Pionierarbeit funktioniert. In den letzten zehn Jahren hat Schwalbe das Cradle-to-Cradle (C2C) Prinzip und das Denken in Kreisläufen fest in seinem Geschäftsmodell verankert. Dieser innovative Ansatz zielt darauf ab, dass Produkte und Materialien nach ihrer Nutzung vollständig wiederverwertet werden können, um Müll zu vermeiden. Schwalbe arbeitet seit 2013 eng mit dem Forschungsinstitut EPEA aus Hamburg zusammen, um die C2C-Prinzipien in ihre Produkte und Prozesse zu integrieren.

Der Hauptbestandteil dieses Konzepts ist das Recycling von Fahrradschläuchen. Diese bestehen hauptsächlich aus Butylkautschuk und Metall und sind somit weniger komplex als ganze Fahrradreifen. Schwalbe hat ein ganzheitliches Recyclingsystem für Fahrradschläuche etabliert, das alle relevanten Abteilungen und Transportdienstleister einbezieht und den Fahrradfachhandel als zentrale Sammelstelle nutzt.


Der Transformationsprozess und die Herausforderungen

Fahrradfahren gilt als umweltfreundlich, doch das emissionsfreie Fortbewegungsmittel hat auch einen Material-Fußabdruck. In Europa ist es immer noch erlaubt, alte Fahrradschläuche im Restmüll zu entsorgen, was eine Belastung für die Umwelt darstellt. Schwalbe ist Pionier:in beim Recycling von Fahrradschläuchen und hat diesen Service kürzlich auch auf Österreich ausgeweitet. Die größten Herausforderungen beim Start des Projekts waren:

  • die Rückhollogistik

    • Etablierung des Fahrradfachhandels als zentrale Sammelstelle

    • Festlegung der Transportbehältnisse

  •  Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit

  • Transport und Aufbereitung

  • Vergütung des Rezyklats

  • positive Ökobilanz

  • Vergleich mit Schlauch aus Virgin Material

  • trotz Transport in das Recyclingwerk nach Indonesien geringerer Impact


Diese Hürden konnten durch die wertschätzende Einbindung aller relevanten Interessengruppen und regelmäßige Updates gemeistert werden. Schwalbe investierte erheblich in die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft und setzte auf Pionierarbeit und Vertrauen. 


Der geschlossene Kreislauf und beteiligte Organisationen

Schwalbe bietet ein kostenloses Rücknahme- und Recyclingsystem für Fahrrad-Altschläuche an, das bei den teilnehmenden Fachhändlern auf große Akzeptanz stößt. Alte Schläuche werden gesammelt, in eine Kiste gepackt, ein Aufkleber wird ausgedruckt und der Paketdienst informiert – und schon werden die Schläuche abgeholt. Das Werbematerial von Schwalbe unterstützt den Fachhandel dabei, die Verbraucher:innen zur gezielten Abgabe ihrer Altschläuche aufzufordern.

Durch das Recyclingverfahren landen gebrauchte Schläuche nicht in der Müllverbrennung, sondern werden recycelt und für die Herstellung neuer Schwalbe-Schläuche verwendet. Am Schwalbe-Werk in Indonesien wurde ein eigenes Devulkanisationsverfahren entwickelt, das seit über sechs Jahren erfolgreich im Einsatz ist. Durch den Wiedereinsatz von Rezyklaten ergibt sich im Vergleich zur Herstellung neuen Materials eine Energieeinsparung von 80% und Emissionsreduzierung 97% (inkl. der Emissionen des Recyclingprozesses und aller Transportwege).


Effizienzsteigerung und Umweltwirkung

Der Schlüssel zur Effizienzsteigerung liegt darin, mehr Schläuche in den Kreislauf zurückzuführen. Schwalbe verfolgt den Ausbau der Rückführungsmengen kontinuierlich und plant die Skalierung des Systems in weiteren europäischen und schließlich auch internationalen Märkten. Die Hürden mit den Partnerorganisationen waren überschaubar, da Schwalbe auf bestehende Prozesse und Netzwerke zurückgreifen konnte.

Zur quantitativen Erfassung des Recycling-Impacts werden detaillierte Ökobilanzen erstellt. Seit 2015 konnten bereits weit mehr als 10 Millionen Altschläuche recycelt werden. Die quantifizierten Erfolge umfassen die Anzahl der teilnehmenden Fachhandelsstellen und die angeschlossenen Länder. Der zirkuläre Prozess ist durch alle KPIs nachhaltiger als der lineare, was sich in der erheblichen Energie- und Emissionseinsparung widerspiegelt. Hier sehen Sie einige Nachhaltigkeits-KPIs von Schwalbe:


Nachhaltigkeits-KPIs von Schwalbe

Abb 1: Nachhaltigkeits-KPIs Schwalbe, Jahresbilanz 2022 (https://www.schwalbe.com/CSR/)


Zukunftsaussichten und Empfehlungen

Für Schwalbe steht die Förderung von Kreislaufwirtschaft im Fokus. Recycling hat im Vergleich zu Reuse & Repair einen geringeren positiven Impact, dennoch spart das von Schwalbe entwickelte Recyclingverfahren 80% Energie und 97% Emissionen ein. Schwalbe setzt auf kontinuierliche Forschung und Entwicklung, um innovative Reifenprodukte zu entwerfen, die auf Kreislaufwirtschaftsprinzipien basieren.

Um branchenweite Veränderungen zu bewirken, sind Kooperationen und Partnerschaften mit anderen Unternehmen, Regierungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen entscheidend. Außerdem ist die Förderung von Bildungsprogrammen und die Schaffung von Bewusstsein für die Bedeutung einer ganzheitlichen Kreislaufwirtschaft ein wesentlicher Schritt, um Veränderungen herbeizuführen. Insbesondere Aufklärung über Upcycling, Downcycling und ganzheitliches Recycling sind zentral. 


Learnings & Fazit

Schwalbe hat durch die frühzeitige Einbindung aller relevanten Interessengruppen und Investitionen in die Kreislaufwirtschaft Pionierarbeit geleistet. Die wichtigsten Learnings auf dem Weg zum Pionier waren:

  1. Frühzeitig alle relevanten Personen (z.b. Logistikabteilung und Transportdienstleister:innen) an einen Tisch zu versammeln, ist essentiell. Die beteiligten Personen müssen regelmäßig eingebunden und wertgeschätzt werden, um den Prozess aktiv zu unterstützen. 

  2. Rückschläge sind völlig normal bei Pionier-Arbeit wie Kreislaufwirtschaft, davon darf man sich nicht entmutigen lassen. Mut und investitionsfreudige Entscheidungen zahlen sich langfristig aus.

  3. Auch wenn es zu Beginn nicht im Mittelpunkt steht, sollten von Tag 1 an die rechtlichen Aspekte eingebunden werden und die Skalierung des Systems frühzeitig abgesichert werden. 

  4. Zentrale Sammelstellen zu etablieren, wo der Müll des eigenen Produkts anfällt, erfordert breite Kooperationsbereitschaft! Für Schwalbe war es hier zentral, frühzeitig den Fahrradfachhandel einzubinden. 

Das Beispiel von Schwalbe zeigt, die Integration von Kreislaufwirtschaftsstrategien in Geschäftsmodelle ist nicht nur notwendig, sondern auch möglich und lohnend.


Als Think Tank für Kreislaufwirtschaft verbindet Thinkubator viele der genannten Aspekte miteinander, um den größtmöglichen Impact zu generieren. Neben Entrepreneurship- und Bildungsangeboten koordiniert Thinkubator Forschungskonsortien und unterstützt Unternehmen in ihrer Transformation. So ist auch das Interview mit dem CSR-Manager von Schwalbe entstanden, um Learnings nach außen zu transportieren und mehrere Unternehmen zu Kreislaufwirtschaft zu inspirieren.

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